
Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor dem Abschluss eines Vertrages mit einem Vertragspartner, in dem es um sehr viel Geld geht. Sie, als Mitentscheider der einen Vertragspartei, erhalten einen Vertragsentwurf, in dem Ihnen Ihr Vertragspartner zusichert, einen Teil der eigentlich Ihnen zustehenden Zahlung in Zukunft zu leisten, wenn Sie sich an diese Teilzahlung für die nächsten 6 Jahre vertraglich binden. Die Laufzeit beträgt von Anfang 2026 bis Ende 2031. Das Angebot können Sie bis Ende März 2023 annehmen, sonst verfällt es. Hätten Sie da nicht selbst einige Fragen zu dem Vertragskonstrukt, bevor Sie es für 6 Jahre abschließen und das innerhalb von 3 Wochen, obwohl die Annahmefrist bis Ende März 2025 läuft? So geschehen Ende 2024, in der Gemeinde Jesteburg bei der Beratung zum KITA-Vertrag zwischen den Gemeinden des Landkreises Harburg und dem Landkreis Harburg selbst.
Um es an dieser Stelle klar zum Ausdruck zu bringen. Wir sind der Verhandlungskommission, bestehend aus Vertretern des Landkreises sowie Vertretern der Samtgemeinden und Gemeinden, dankbar für ihren Einsatz und auch das erzielte Ergebnis. Dies zeigt eine deutliche Verbesserung der Einnahmesituation in den KITA-Personalkosten auch unserer Gemeinde. Wir sind weit davon entfernt dem vorliegenden Vertrag nicht zuzustimmen. Wieso haben wir dann den Entwurf nicht einfach freigegeben?
Die Verwaltungsleitung, namentlich die Samtgemeindebürgermeisterin, war leider nicht in der Lage irgendwelche Fragen zu dem nicht einmal sehr umfangreichen Vertragswerk zu beantworten. Sehr schwer vorstellbar, dass sie aktiv in die Verhandlung des Vertrages involviert war. Einziges Statement „der Vertrag ist nicht weiter verhandelbar“, daher ist jede Frage überflüssig. Dass es bei den Ratsmitgliedern einfach nur Verständnisfragen zu Fachausdrücken des Vertrags gibt, war leider irrelevant. Daher entschied sich der Rat, die Fragen zu sammeln und bis 5. Januar 2025 an die Verwaltung schriftlich zu richten, damit diese kompetent beantwortet werden können. Mittlerweile hat sich dankenswerterweise der Samtgemeindebürgermeister der Samtgemeinde Hanstedt bereit erklärt, die Fragen des Gemeinderats Jesteburg zu dem Vertragskonstrukt zu beantworten.
Nun aber zu den Fakten, die speziell unsere SPD-Kollegen, schon bereits im Dezember voll im Bundestagswahlkampf, gerne hochglanzpolieren. Hier eine kleine Nachhilfestunde:
In Deutschland gilt das absolute Konnexitätsprinzip (hierzu auch unseren Beitrag „Konnexität vermisst“ in diesem Newsletter). Dies besagt in der Kurzform „Wer Leistung bestellt, bezahlt“. Für die KITA-Betreuung bedeutet dies, dass der Gemeinde Jesteburg keine finanziellen Aufwende in der Kinderbetreuung entstehen. Für die Erbringung der Leistungen ist für uns der Landkreis Harburg zuständig. Er muss diese Leistungen nicht selbst erbringen, sondern kann mit den Gemeinden vor Ort Verträge zur Leistungserbringung abschließen. Dies wird seit Jahren auch bereits praktiziert. So auch in der Gemeinde Jesteburg. Hierbei trägt das Land Niedersachsen 58 % der Personalkosten, der Landkreis Harburg 42 %.
In der Vergangenheit erhielt die Gemeinde leider deutlich weniger Zahlungen des Landes Niedersachsen und des Landkreises. Beispielhaft weisen die Zahlen/Jahr aus:
Personalkosten anrechenbar: ca. 4,0 Mio EUR (Gesamtkosten Gemeinde ca. 4,3 Mio EUR)
Zahlungen Land und Landkreis: ca. 1,8 Mio EUR
Erkennbar ist hier, dass
- nur Anteile der Personalkosten der Gemeinde anrechenbar sind
- eine deutliche Unterdeckung der Zahlungen durch Land und Landkreis bestanden (von ca. -2,2 Mio EUR pro Jahr
(Leider liegen uns nur Schätzzahlen für 2026 vor – aus Übersicht finanzielle Auswertung KITA-Vereinbarung Landkreis -).
Dies führte im Jahr 2024 zu dem Ergebnis, dass einige Gemeinden den bestehenden Vertrag mit dem Landkreis Harburg kündigten, also zukünftig die Leistungen zur Kinderbetreuung nicht mehr für den Landkreis erfüllen wollten. Daraufhin bildete sich eine Verhandlungsgruppe, bestehend aus Mitgliedern des Landkreises sowie der Gemeinden und Städte, um eine Lösung zu erarbeiten. Dies mündete Ende November in einem Vertragsentwurf, der auch der Gemeinde Jesteburg zur Unterzeichnung vorgelegt wurde mit folgenden Eckdaten:
- Der Landkreis zahlt zukünftig 42% der Aufwende, wie vorgesehen.
- Da das Land Niedersachsen in der Vergangenheit nur ca. 32% statt die vorgesehenen 58 % der Personalkosten gezahlt hat und dies wahrscheinlich auch weiterhin so handhaben wird, teilen sich der Landkreis und die Gemeinde die entstehende Kostenlücke.
Was bedeutet dies im Kostendetail beispielhaft für das Jahr 2026 , wieder basierend auf den Schätzungen zu 2026:
Gesamtpersonalkosten Gemeinde: ca. 4,3 Mi. EUR
Personalkosten anrechenbar: ca. 4,0 Mio. EUR
Zahlungen Land soll (58%): ca. 2,3 Mio. EUR
Zahlung Landkreis (42%) ca. 1,7 Mio. EUR
Zahlungen Land ist (32%): ca. 1,3 Mio. EUR
Unterdeckung Land (32% zu 58%): ca. 1 Mio. EUR
Hälftige Teilung Unterdeckung: 500 TEUR
In Summen bedeutet dies: Das Land Niedersachsen zahlt also wie gehabt ca. 1,3 Mio. EUR, der Landkreis zahlt einen Gesamtbetrag von ca. 2,2 Mio. EUR (1,7 Mio. EUR + 500 TEUR) und die Gemeinde Jesteburg beteiligt sich mit ca. 500 TEUR.
Gegenüber den Kosten, die die Gemeinde vor Inkrafttreten des Vertrages im Jahr 2026, mit ca. 2,2 Mio. EUR zu tragen hat, liegt der Betrag für das Jahr 2026 mit in Summe von ca. 500 TEUR deutlich geringer, nämlich um die immer wieder diskutierten ca. 1,7 Mio. EUR. Dies ist fraglos eine deutliche Entlastung der Gemeindekasse und ist ausdrücklich zu begrüßen. Hier wird auch von Seiten des Landkreises dem konformen Anteil der Zahlungen Rechnung getragen. Der Vertrag bildet einen ersten wichtigen Schritt zum gesetzeskonformen Ausgleich der in der Gemeinde auflaufenden Kosten.
Fragen zu der Vereinbarung müssen trotzdem, speziell an unsere Samtgemeindebürgermeisterin, vor Unterzeichnung des Vertrages möglich sein und auch durch diese beantwortet werden. Das vorgelegt Vertragswerk basiert auf dem Geiste der Gemeinsamkeit und des Vertrauens zwischen den Vertragspartnern. Dies ist auch gut so. Daher ist der Entwurf auch zu begrüßen. Er wurde sicherlich in dem Geiste verhandelt, Sicherheit der Arbeitsplätze der Gemeindemitarbeiter, Planungssicherheit aller Beteiligten sowie der Möglichkeit weiter an Optimierungen gemeinsam zu arbeiten und diese auch aktiv zu suchen. Hier erwarten wir als CDU eine aktive Rolle unserer Gemeindeverwaltung. Z.B. auch zu folgenden Fragen:
Wie soll dauerhaft die jährliche Unterdeckung der Gemeinde in Höhe von immer noch 500 TEUR minimiert werden?
Welche Möglichkeiten bestehen, gemeinsam mit dem Landkreis, das Land Niedersachsen zur Einhaltung der vorgesehenen Zahlungen zu überzeugen?
Der Landkreis kommt durch die deutliche Erhöhung der Zahlungen an die Gemeinden in die „Zwickmühle“ die Kreisumlage, die die Gemeinden als Abgabe an den Landkreis zahlen, ggf. erhöhen zu müssen. Mit welchen Zahlen plant hier die Gemeindeverwaltung zur Ausrichtung der zukünftigen Gemeindefinanzen?
Jörg Berberich (Fraktionsvorsitzender der CDU im Jesteburger Gemeinderat)