Die ambitionierten Ausbauziele für Windkraftanlagen an Land der Bunderegierung machen auch vor unserer Samtgemeinde nicht halt. Im Koalitionsvertrag haben sich die Ampelparteien darauf verständigt, 2 Prozent der Bundesfläche für die Windenergie an Land vorzusehen. Das hat Folgen – und macht eine Menge Arbeit, wie Christian Horend, Vorsitzender des Bau- und Planungsausschusses im Kreistag in unserem Interview skizziert.
Giko Krömker:
Wieso wird im Landkreis Harburg jetzt so viel Wind um Windkraft gemacht?
Christan Horend:
Durch das sogenannte „Wind-an-Land-Gesetz“ sind alle Bundesländer aufgefordert, bestimmte Flächen für die Erreichung des im Koalitionsvertrags beschrieben Ziels auszuweisen. Kommen die Landkreise dieser Aufgabe nicht nach, gilt die sog. „Superprivilegierung“ – das bedeutet, dass alle Windpotentialflächen mit Windenergieanlagen bebaut werden können, ohne dass hier planungsrechtlich noch eingegriffen werden kann.
GK: Und was heißt das dann?
CH: Das im Landkreis dann theoretisch knapp 6.800 ha mit Windkraftanlagen (WKA) bebaut werden könnten – das ist der Flächenanteil, der gem. der sogenannten Windpotenzialanalyse für Windkraft theoretisch in Frage kommt. Das durch das Land vorgegebene Ausbauziel bis 2032 beträgt 3.949 ha – und auch das ist, in einem dicht besiedelten Landkreis wie unserem, sehr viel!
GK: Welchen Flächenanteil nehmen WKA aktuell im Landkreis Harburg ein?
CH: Rund 500 ha
GK: Die Ausweisung der 3.949ha, möglichst gleichmäßig, gleicht der Quadratur des Kreises, oder?
CH: Das ist richtig! Und ein, wie ich finde, großes Problem – jetzt und auch zukünftig, wenn man bedenkt, das WKA auch zu Steuereinnahmen führen. Jesteburg und die Stadt Buchholz haben einen verhältnismäßig geringen geplanten Flächenanteil mit jeweils rund 0,35% ihrer Fläche. In der Samtgemeinde Salzhausen sind es 9,04% oder knapp 1.400 ha. Zum Vergleich: die Fläche der Gemeinde Jesteburg umfasst ca. 2.800 ha.
GK: Wie kommt es zu diesem Ergebnis?
CH: Eine Arbeitsgruppe hat in mehreren Runden zunächst einmal versucht herauszufinden, welche Möglichkeiten wir haben, um die Auswirkungen für Mensch und Natur möglichst gering zu halten. Das macht sich beispielsweise dadurch bemerkbar, dass die Abstandsflächen zur Wohnbebauung teilweise deutlich über das gesetzliche Minimum hinausgehen.
Diese Ergebnisse der Arbeitsgruppe wurden dann mehrfach im Fachausschuss des Kreistages beraten und verbessert – jeweils mit sehr großer Öffentlichkeitsbeteiligung.
Dennoch müssen WKA, damit die Ziele erreicht und die Superprivilegierung vermieden wird, beispielsweise auch im Wald errichtet werden können. Das kann uns mit unserer einmaligen Heide- und Kulturlandschaft nicht glücklich machen.
GK: Das klingt, als sei das Gesetz nicht gut durchdacht?
CH: Ich sage mal so: in der Praxis zeigt sich, dass das Gesetz vielfach an Grenzen stößt oder einige Punkte nicht bedacht wurden.
GK: Was tust Du bzw. der Kreistag dagegen?
CH: Gern hätten wir in der letzten Kreistagssitzung eine gemeinsame Resolution aller demokratischen Parteien verabschiedet, mit der wir die Bundesregierung zu Nachbesserungen auffordern wollten. Dafür fand sich leider keine Mehrheit.
GK: Und damit hat es sich?
CH: Nein! Als Gruppe CDU/FDP haben wir uns am 12.06. direkt an Bundeswirtschaftsminister Habeck gewandt und warten jetzt auf eine Antwort…
GK: Wie geht es weiter?
CH: Auf Basis, der am 14.05. verabschiedeten Kriterien erstellt der Landkreis jetzt einen Entwurfsplan, der hoffentlich am 11.09. verabschiedet und dann öffentlich ausgelegt wird – bei dieser Mammutaufgabe ein ambitionierter Zeitplan.
GK: Wie zufrieden bist Du als Jesteburger mit den Zwischenergebnissen?
CH: Ganz und gar nicht – die letztlich verbliebene Fläche in Jesteburg ist aus meiner Sicht eine der denkbar ungünstigsten, erfüllt aber alle Kriterien, die für die Planung angesetzt werden.
Weiterführende Links:
- Informationen des Landkreis Harburgs
https://landkreis-harburg.de/windenergie
- Brief an Bundesminister Habeck :