Ausgangslage

Die Kämmerin der Gemeinde Jesteburg legte den Ratsmitgliedern der Gemeinde Jesteburg einen mit ihren Fachbereichen abgestimmten Sparhaushaltsentwurf für das Jahr 2024 sowie einen Haushaltsausblick für die Jahre 2025-2027 vor. Der Haushaltsentwurf wies für die Jahre 2024 bis 2027 eine durchschnittliche Unterdeckung von 2,15 Mio EUR aus (zuzüglich Investitionen und einer zusätzlichen Samtgemeinde-Umlagenerhöhung um 85 Tsd EUR). In keinem der betrachteten Jahre konnte ein positives Haushaltsergebnis ausgewiesen werden. Die Gesetzgebung schreibt vor, dass spätestens im zweiten Jahr nach dem Planungsjahr (das wäre hier 2026) ein positives Haushaltsergebnis ausgewiesen werden muss. Da dies nach Einschätzung der Kämmerin nicht erreichbar ist, sieht der Gesetzgeber in diesem Falle verpflichtend die Aufstellung und Genehmigung eines Haushaltssicherungskonzeptes vor (mehr dazu unter Hinweise zur Aufstellung und inhaltlichen Ausgestaltung von Haushaltssicherungskonzepten). Die Kämmerin und Verwaltungsleitung plädierten von Beginn an intensiv für das Verfahren über ein Haushaltssicherungskonzept.

Welche Alternativen gibt es?

Der Nachteil eines Haushaltssicherungskonzeptes besteht darin, dass die Gemeinde ihre Ausgaben und Investitionen durch die Kommunalaufsicht im Rahmen der Haushaltsplanung genehmigen lassen muss. Somit verliert die Gemeinde einen maßgeblichen Teil ihrer Selbstbestimmung. Um diese Selbstbestimmung jedoch zu erhalten ist es, wie bereits beschrieben, zwingend notwendig bis 2026 einen Haushalt mit positivem Ergebnis zu erreichen. Diesen Ansatz hat der Finanzausschuss mit Unterstützung der Grünen, CDU und SPD durch seine Empfehlung aufgezeigt unter dem Arbeitstitel „Freiwillige Haushaltssicherung“. Wie kann man ein solches Ziel innerhalb von nicht einmal 3 Jahren (März 2024 bis Januar 2026) erreichen und welche Risiken beinhaltet das?

Zunächst einmal kann die Gemeinde sich der beiden Stellschrauben „Einnahmeerhöhung“ und „Kostensenkung“ bedienen.

Einnahmeerhöhung:
Eine Abgabenerhöhung kann die Defizite keinesfalls ausgleichen. Z.B. würden die Erhöhung der Grundsteuer um 10%-Punkte netto jährlich etwa 26.000 EUR zusätzlich ergeben, bei der Gewerbesteuer wären es etwa 57.000 EUR mit akuter Verschärfung der Gewerbeabwanderung. Dies ist für uns kein Lösungsansatz. Zur Akutheilung kommen hier auf der Einnahmenseite nur Veräußerungen von Gemeindeflächen und -immobilien in Frage, die einen solchen Schuldenberg ggf. kurzfristig teilweise kompensieren könnten

Kostensenkung:
Bedingt durch die Vorgabe ab 2026 einen positiven Haushalt vorlegen zu müssen, kann dieses Ziel nur durch ein stringentes Sparen erreicht werden. Diesem harten Sparkurs hat der Finanzausschuss mit seiner Empfehlung Rechnung getragen, deren Ziel es ja war, eine Möglichkeit aufzuzeigen, wie die Gemeinde Jesteburg möglicherweise komplett in Ihrer finanziellen Selbstverwaltung bleiben kann. „Möglicherweise“ deshalb, weil die zuständige Finanzbehörde des Landkreises in jedem Fall den einzureichenden Haushaltsentwurf genehmigen muss und dieser muss schlüssig und belastbar sein, bei den offensichtlich schlechten Basiszahlen. Eine unabdingbare weitere Voraussetzung ist hier, dass sich alle Ratsmitglieder ohne „wenn“ und „aber“ für die nächsten Jahre bis mindestens 2026 strikt an die verordnete Haushaltsdisziplin halten.

Welches ist denn jetzt das bessere Konzept?

Sowohl der Ansatz der „vorgeschriebenen Haushaltsführung“ als auch der der „freiwilligen Haushaltsführung“ können wohl erfolgreich sein und in beiden Szenarien müssen am Ende positive Haushalte möglich werden. Ein „weiter so“ kann es in keinem Falle sein. Beide Ansätze haben sowohl Vorteile als auch Risiken. Anbei haben wir einmal einige Vorteile und Risiken aufgelistet:

Freiwillige HaushaltssicherungVorgeschriebene Haushaltssicherung
Erhaltung der eigenständigen Hoheit über die FinanzplanungAlle geplanten Ausgaben müssen detailliert begründet und genehmigt werden
Innerhalb von knapp 3 Jahren muss ein zu erwartendes Defizit von ca. 6,5 Mio EUR zzgl. Investitionen ausgeglichen werden und danach muss die Gemeinde Haushalte mit positivem Ergebnis aufstellenDie Gemeinde soll innerhalb von 6 Jahren das Defizit ausgeglichen und danach Haushalte mit positivem Ergebnis aufstellen. Übrigens: Die Gemeinde Faßberg befindet sich seit 2009 in einem Haushaltssicherungskonzept und besitzt immer noch ein Schwimmbad
Der Spardruck im Rahmen der Haushaltsplanung steigt extrem an. Dieser nicht zu umgehende Effekt ist in der Empfehlung des Finanzausschusses deutlich erkennbarDas Verfahren ist formalisiert und bereits vielmals erprobt.
Die in den Haushaltsplanungen der nächsten Jahre eingeplante Erlöse durch Immobilien-Grundstücksverkäufe müssen in Höhe und zum geplanten Zeitpunkt realisiert seinEs ist im Voraus nicht erkennbar, ob die durch die Gemeinde vorgelegten Haushaltsentwürfe genehmigt werden
Sowohl die Gemeinde als auch der Rat haben keinerlei Erfahrung in Aufstellung und Controlling solcher HaushaltssicherungsmaßnahmenDa der Landkreis keine Unterstützung bei der Aufstellung und im Rahmen des unterjährigen Controllings leistet wird externe Beratung nötig
Es ist im Voraus nicht erkennbar, ob die durch die Gemeinde vorgelegten Haushaltsentwürfe genehmigt werden 
Da der Landkreis keine Unterstützung bei der Aufstellung und im Rahmen des unterjährigen Controllings leistet wird externe Beratung nötig 

Wegducken oder Verantwortung übernehmen?

Nach unserer Einschätzung sind die Risiken einer freiwilligen Haushaltssicherung einfach zu hoch, dass die oben genannten Voraussetzungen dazu nicht erfüllt werden können.  Kommen auf der Erlösseite tatsächlich die Verkaufserlöse wie geplant zustande. Im Besonderen halten wir den geplanten Verkaufserlös für das Reitplatzgelände mit 5,5 Mio EUR gerade für das so wichtige Haushaltsjahr 2026 für nicht erzielbar, nicht nach heutiger Immobilienlage und wohl auch nicht in 2 Jahren. Wir können uns dem Eindruck nicht erwehren, dass hier der Haushalt rückwärts aufgestellt wurde, mit der Intention, was muss ich für einen ausgeglichenen Haushalt an Erlösen eintragen.

Auf der Kostenseite zeigt sich, dass der sehr harte Sparansatz bei der freiwilligen Haushaltssicherung innerhalb von 3 Jahren zu ausgeglichenen Haushalten führen muss. Dies würde zur Folge haben, dass der Spardruck in jedem Haushaltsjahr so hoch sein wird, dass die Gemeinde gerade die Leistungen drastisch kürzen müsste, die wir aufrechterhalten wollen, wie das Schwimmbad, die Jugendarbeit, Kultur und Sport. Jede Abweichung von dem Spardruck würde eine vorgeschriebene Haushaltssicherung zur Folge haben. Im Gegenzug liegen neben all seinen Unannehmlichkeiten die Vorteile bei dem durch die Verwaltung präferierten Verfahren über die vorgeschriebene Haushaltssicherung (Haushaltssicherungskonzept) darin, dass mindestens 6 Jahre zur dauerhaften, Sanierung der Gemeindefinanzen bleiben und keine Gratwanderung mit extrem hohem Risikopotential notwendig ist. Eine weitere wichtige, in der politischen Diskussion völlig vernachlässigte Begleiterscheinung ist, dass die durch die Verwaltung vorgeschlagenen und durch den Rat verabschiedeten Haushaltspositionen die höchste finanzielle Beweglichkeit aller vorgestellten Haushaltskonvolute beinhaltet. Das betrifft im Besonderen die immer wieder, teilweise populistisch heraufbeschworene Aufrechterhaltung des Schwimmbadbetriebs nur über die freiwillige Haushaltsführung und ist in der folgenden Tabelle ersichtlich.

Vorschlagsgremium
VerwaltungFinanzausschuss VA
Vortrag aus 2023–         1.000.000 €–          1.000.000 €–     1.000.000 €
01 Verwaltungsleitung–              55.900 €–               45.000 €–             45.000 €
03 Zentrale Dienste–            743.000 €–             580.000 €–          613.000 €
04 Gebäudewirtschaft–            500.600 €–             350.000 €–          400.000 €
05 Wirtschaft, Kunst und Kultur–            121.000 €–               80.000 €–             75.000 €
06 Jugendarbeit, Sport und Soziales–            238.400 €–             190.000 €–          200.000 €
07 Kindertagesstätten–         4.187.500 €–          4.149.500 €–     4.187.500 €
09 Freibad–            382.400 €–             260.000 €–         300.000 €
10 Bauabteilung–            146.500 €–             130.000 €–             60.000 €
11 Straßen und Plätze–         1.196.300 €–             870.000 €–     1.196.300 €
12 Tourismus–              25.000 €–               25.000 €–             20.000 €
14 Bauhof–         1.057.300 €–             910.000 €–          950.000 €
15 Finanzen–         6.879.900 €–          6.879.900 €–     6.959.900 €
Gesamt–       16.533.800 €–        15.469.400 €–  16.006.700 €

Geplante Aufwende im Haushalt 2024.               (Quelle: Gremien und Verwaltungsplanung 2024) 

All diese Abwägungen stützen die Entscheidung der CDU-Fraktion, der Vorschlagsvariante unserer Kämmerin und Verwaltungsleitung zu folgen inklusive der vorgeschriebenen Haushaltssicherung. Liebe Ratskollegen der UWG, die hier getroffene Abwägung und Entscheidung ist kein wegducken sondern eine besonnene rationale Abwägung in sehr stürmischen Zeiten.

Wir möchten an dieser Stelle aber nochmals klarstellen, egal welche Variante gewählt worden wäre, es beginnen harte Jahre der Einsparungen.

Jörg Berberich (Fraktionsvorsitzender der CDU im Jesteburger Gemeinderat)