Zwei moderne und nagelneu errichtete Schulgebäude, einmal vierzügig in Jesteburg, einmal zweizügig in Bendestorf, mit großzügigem Raumangebot und  Außengelände, dazu am liebsten eine neue Turnhalle und eine neue Mensa – diese Zukunftsinvestition würde der Samtgemeinderat wahrscheinlich mit Freude mehrheitlich beschließen, wenn die dafür benötigten gut 20 Millionen Euro tatsächlich in der Kasse liegen würden. Nur leider ist das nicht der Fall. Wir müssen also einen Kompromiss finden, der sowohl die notwendige Ganztags-Qualität gewährleistet als auch finanziell machbar ist. Vorab zur Information: Auch wenn die Landespolitik die schulische Ganztagsbetreuung ausbauen möchte, Geld gibt es dafür nicht. Einen ‚Ganztagspakt‘ analog zum ‚Digitalpakt‘ von Bund oder Land also ist leider nicht vorgesehen, auf diesen Millioneninvestitionen bleiben die Schulträger weitgehend sitzen.

Welche Möglichkeiten gibt es also für uns? Darüber haben wir uns viele Gedanken gemacht, die wir hier offen darlegen möchten.

Erstens: Die Nulllösung – die Samtgemeinde verzichtet auf den Ganztag. Das kommt für die CDU nicht in Frage! ‚Ganztag‘ bedeutet Zukunftsschule. Im Vergleich zum Rest des Landes Niedersachsen gehören wir zahlenmäßig zum letzten Drittel, das diese große Aufgabe nach sorgfältiger inhaltlicher Ausarbeitung nun auch umsetzt, bereits 70 Prozent der Schulen in Niedersachsen arbeiten im Ganztag. Unsere Lehrerkollegien haben dazu gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern und den Eltern gute und zukunftsweisende Konzepte erarbeitet, der Samtgemeinderat alle vorbereitenden Beschlüsse getroffen. Einen gelingenden Ganztag kann man tatsächlich aber nur mit einem entsprechenden Raumprogramm erreichen, unsere ‚alten‘ Gebäude (vor 41 Jahren in Jesteburg und vor 31 Jahren in Bendestorf erbaut und zwischendurch regelmäßig ‚angeflickt‘) werden den Anforderungen leider von vorne bis hinten nicht gerecht. Das haben wir von unabhängigen Ganztags-Experten ausführlich prüfen lassen.

Zweitens: Die Anbau-Umbau-Erweiterungs-Lösung. Auch diese Variante haben wir von externen Experten untersuchen lassen. An beiden Schulen wäre ein Umbau im Bestand teurer als ein Neubau! Das liegt auch daran, dass unsere Gebäude schon deutlich in die Jahre gekommen sind und im Zuge dessen Vieles modernisiert werden müsste – Stichwort Energetik, Raumaufteilung, Sanitäranlagen, Inklusion… Während der Umbauphase müsste der Unterricht zudem in angemieteten Containern stattfinden, für die Dauer von bis zu zwei Jahren, auch das schlägt mit mehreren Hunderttausend Euro zu Buche. Der Schulausschuss hat sich als beratender Fachausschuss deswegen gegen eine weitere detaillierte und teure Prüfung einer Anbau-Umbau-Erweiterungs-Lösung ausgesprochen und favorisiert einen im Vergleich ‚günstigeren‘ modernen Neubau.

Drittens: Wir legen beide Grundschulen zusammen und bauen eine moderne gemeinsame Ganztagsschule dort, wo die meisten Kinder sind – sprich Jesteburg. So haben es andere Gemeinden in Niedersachsen vorgemacht und ihre kleinen Grundschulen zugunsten eines gemeinsamen neuen Standorts zusammengelegt (Beispiel Klenze). Vor dem Hintergrund, dass in Bendestorf die Einzügigkeit droht, könnte das theoretisch auch für unsere Samtgemeinde eine praktikable Lösung sein. Dagegen gibt allerdings deutlichen Widerstand aus Bendestorf und Harmstorf, die dortigen Politiker wollen ihren Schulstandort – verständlicherweise – nicht verlieren. Denn: ‚Stirbt die Schule, stirbt das Dorf.‘ Überspitzt gesagt, wäre Bendestorf dann für junge Familien eher wenig attraktiv und würde weiter altern.

Viertens – unser Favorit und KompromissvorschlagWir fangen erstmal mit nur einer der beiden Schulen an – der größeren, in Jesteburg – und liefern den zweiten Standort ggf. nach. Wie begründen wir das? Aktuell gehen in Jesteburg 309 Kinder zur Grundschule, in Bendestorf sind es 133. Zahlenmäßig gibt es einen größeren Ganztagsbedarf in Jesteburg als in Bendestorf, in Jesteburg sind für das Schuljahr 2019/2020 aktuell 104 Kinder in der Ganztagsbetreuung angemeldet, in Bendestorf sind es etwa 40. Jesteburg entwickelt sich – Stand heute gemäß der jeweiligen Geburtsjahrgänge – in den kommenden Jahren von der Vierzügigkeit in Richtung Dreizügigkeit, Bendestorf von der Zweizügigkeit in Richtung Einzügigkeit. Eine möglicherweise bald einzügige Schule für etwa sieben bis acht Millionen Euro neu zweizügig zu errichten, ist unserer Auffassung nach nicht verantwortungsvoll. Für einen einzügigen Ganztagsbetrieb würde sogar das bestehende Gebäude plus einer neuen Mensa ausreichen. Sollte sich Bendestorf aber zukünftig entgegen der aktuellen Zahlen stabil in Richtung Zweizügigkeit (27 oder mehr Kinder pro Jahrgang) entwickeln, kann auch hier in einem zweiten Schritt mittelfristig ein Neubau geplant und umgesetzt werden.

Für Bendestorfer Kinder, die gerne vom als erstes in Jesteburg startenden Ganztag profitieren möchten, soll durch Auflösung der Schuleinzugsbezirke die Möglichkeit der Beschulung auch in Jesteburg geschaffen werden. Umgekehrt könnten ‚Halbtagsbefürworter‘ aus Bendestorf, Harmstorf und Jesteburg, die es nach unserer Kenntnis in Eltern- und Schülerschaft durchaus gibt, in Bendestorf beschult werden. Allerdings ist der Besuch des Ganztags zunächst ohnehin freiwillig geplant. Das durch diese Lösung auch gewonnene „Mehr an Wahlfreiheit“ unterschiedlicher Schulkonzepte für die Eltern in unserer Samtgemeinde kann aus der (finanziellen) Not auch eine Tugend machen!

Selbst die Kosten für nur einen Schulneubau in Jesteburg von aktuell errechneten 12 bis zu 14 Millionen Euro können wir laut unseren Finanzexperten nur stemmen, wenn wir die Samtgemeindeumlage erhöhen und in der Folge die Mitgliedsgemeinden die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer moderat anheben. Das bedeutet, dass auch die Bürger in jedem Fall an den Kosten beteiligt werden müssten. Für ein durchschnittliches Einfamilienhaus-Grundstück zum Beispiel soll die jährliche Mehrbelastung in der von uns favorisierten differenzierten Lösung dabei nicht mehr als 100 Euro betragen.  Die immense gesamtgesellschaftliche Bedeutung von Schule und Bildung rechtfertigt unserer Ansicht nach die Beteiligung der Allgemeinheit an den Kosten, die die Samtgemeinde ganz ohne Steuerveränderungen leider nicht alleine stemmen kann. Diese bleiben aber deutlich geringer, als wenn wir gleich beide Schulstandorte verändern würden. Grundsätzlich gibt es einer Studie zufolge auf die Zukunft gesehen kein besser angelegtes Geld: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2017/november/mehr-wachstum-weniger-ungleichheit-oeffentliche-investitionen-lohnen-sich/

Lösung 4 bietet nach unserer Überzeugung die beste Möglichkeit, qualitativ guten Ganztag zumindest an der ersten der beiden Grundschulen in Jesteburg zu realisieren, unter (geringer) Beteiligung auch der Allgemeinheit – bei Aufrechterhaltung möglichst großer Wahloptionen für Eltern. Für diesen Kompromiss werden wir politisch im Samtgemeinderat werben. Populistisch, unrealistisch und nicht zielführend finden wir dagegen die bisherige Position der UWG, die beide Schulen mit dem größtmöglichen Raumangebot neu bauen lassen möchte. Hier würde uns dann spätestens die Kommunalaufsicht unseren Haushalt sofort sperren und uns finanziell quasi unter Vormundschaft stellen, die von uns angestrebte Ganztagsschule wäre damit eine Nullnummer. Ebenfalls nicht nachvollziehen können wir die bisherige Position der FDP ‚in keinem Fall Steuererhöhungen‘. Gute Bildung kostet selbstverständlich Geld, und dass hier ausgerechnet die selbsternannte ‚Bildungspartei‘ blockiert, lässt sie nicht sehr glaubwürdig erscheinen. Steuererhöhungen müssen aber auf ein Mindestmaß begrenzt bleiben!

Wir hoffen deshalb vor allem auf die Verhandlungsbereitschaft und Unterstützung unserer Ratskollegen der anderen Fraktionen und Gruppen aus allen Mitgliedsgemeinden von der SPD, den Grünen und den Wählergemeinschaften aus Bendestorf für unseren ‚Ganztags-Kompromiss der Vernunft‘, von dem nicht nur die Schülerinnen und Schüler, sondern die Samtgemeinde insgesamt profitiert.

Nathalie Boegel (CDU)

Schulausschussvorsitzende