…irgendwie gewonnen, aber doch (vorerst) verloren!

Zwei Jahre haben wir gewartet. Unendlich viel Papier, bedruckt mit Argumenten und Gutachten der einen oder anderen Seite, ging zwischen den Gemeinden, Anwälten und dem Gericht hin und her.

Nun hat das Oberverwaltungsgericht gestern in Lüneburg eine Entscheidung getroffen und den Bebauungsplan (B-Plan) der Gemeinde Jesteburg für das Festhallengelände für unwirksam erklärt.

Dann hat Hanstedt also Recht bekommen?

NEIN! Alle Einwendungen bezüglich der vermeintlich zu großen Kaufkraftabflüsse aus der Nachbargemeinde und der damit möglicherweise verbundenen erheblichen Schädigung des dortigen Einzelhandels wurden nicht bestätigt. Auch die angeblich ungenügende Beteiligung der Gemeinde am Bebauungsplanverfahren wurde verneint.

Was führte zu der Entscheidung?

Maßgeblich für das Urteil war die Verletzung des Integrationsgebotes.

Das Integrationsgebot ist ein Ziel der Raumordnung des Landes. Es besagt, dass großflächiger Einzelhandel (alles über 800 qm) nur im zentralen Versorgungsgebiet angesiedelt werden darf bzw. sich dort anschmiegen muss. Die fußläufige Erreichbarkeit durch eine bestimmte Anzahl der Bevölkerung und Anbindung an den öffentlichen Personenverkehr muss gegeben sein.

Die theoretische Idee dahinter ist einleuchtend: Es soll verhindert werden, dass durch den Bau von großen Märkten auf „der grünen Wiese“ am Stadt- bzw. Dorfrand der Einzelhandel in der Ortsmitte geschädigt wird und die Innenstadt „ausblutet“. Soweit die Theorie.

Nach Meinung des Gerichtes liegt unser zentraler Versorgungskern ungefähr zwischen Bahnbrücke und Seevebrücke beim Möbelhaus Voss. Die Richter haben sich die Mühe gemacht, sind nach Jesteburg gekommen und am gestrigen Montag vom Festplatz bis zur Apotheke Meyer gegangen. Das Festhallengelände ist zwar mit dem Bus gut erreichbar, aber die Fußläufigkeit ist ihrer Meinung nach nicht ausreichend gegeben.

Aber das gilt doch für viele bestehende Objekte im Landkreis auch!

Stimmt. Der Landkreis als Genehmigungsbehörde für B-Pläne kennt das Problem vieler Gemeinden und hat das Integrationsgebot daher bisher großzügig ausgelegt. Und „wo kein Kläger, da kein Richter“.

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Wir bleiben dabei: Unser Festhallengelände ist reserviert für famila in Jesteburg!

Und nun?

Der Richter hat hierzu in seinem Urteil bereits einen deutlichen Hinweis gegeben: Die Gemeinde Jesteburg muss beim Ministerium in Hannover ein ZIELABWEICHUNGSVERFAHREN anstrengen. Das heißt nichts anderes, als eine Ausnahmegenehmigung beantragen. Auch in Hannover weiß man, dass Theorie und Praxis nicht immer in Übereinstimmung gebracht werden können. Viele gewachsene Orte in Niedersachsen haben ähnliche Probleme wie Jesteburg. Im Ortskern sind die Grundstücke kleinteilig, es gibt denkmalgeschützte Häuser. In Jesteburg verläuft zudem die Seeve mit dem dazugehörigen FFH-Schutzgebiet durch den Ort und die Bahnlinie führt zu einer zusätzlichen Trennung. Nach der reinen Lehre könnten wir in Jesteburg einen modernen Vollsortimenter nur auf den Friedhof oder den Niedersachsenplatz setzen. Darüber denken nicht einmal die größten famila-Gegner nach. Auch der zwischenzeitlich von Edeka ins Spiel gebrachte Jesteburger Osterberg (Sandbarg) ist keine integrierte Lage.

Wie stehen die Chancen?

Der Rat kann bereits in seiner nächsten Sitzung am 22.06. den Beschluss für ein Zielabweichungsverfahren fassen. Durch zahlreiche Gespräche mit dem Ministerium in Hannover von einzelnen Gemeinden – auch unserer – und über die

Interessenvertretung der Gemeinden, dem Städte- und Gemeindebund, hat man die Problematik erkannt. Dies schlägt sich bereits in dem neuen Landesraumordnungsprogramm (LROP), das noch in diesem Jahr in Kraft treten soll, nieder. Dort werden unter dem Punkt „Integrationsgebot“ bereits Ausnahmen ausdrücklich definiert.

Famila contra Edeka

Um es nochmals deutlich zu betonen: Das Urteil bezieht sich auf unseren B-Plan und die Lage des Grundstückes. Welcher Vollsortimenter dort angesiedelt werden soll, ist hier völlig unerheblich. Weder famila noch Edeka können nach dem jetzigen Stand dort bauen.

Unsere Verträge mit famila sind gerade bis 2018 verlängert worden und weder der Rat der Gemeinde Jesteburg noch die Firma famila gedenken daran etwas zu ändern.